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Rezension: Das Bäuerinnen-Kochbuch: Alte und neue Lieblingsrezepte (Gebundene Ausgabe)

Immer wieder vertiefe ich mich begeistert in Kochbücher, weil sie mich einerseits zum Tun am Herd inspirieren und ich andererseits anhand der Rezepte soziologische Studien unterschiedlicher Art betreiben kann.

Wie hat sich im Laufe der Jahrhunderte die Kochkunst verändert? Wie sehr unterscheidet sich die Kochkultur einzelner Gesellschaftsschichten in den jeweiligen Ländern oder Regionen? Gibt es Überschneidungen oder sind die Rezepte in unterschiedlichen Schichten völlig verschieden voneinander? Kann man an den Gewürzen und Zutaten die ökonomischen Verhältnisse im Zeitenlauf in den fokussierten Regionen erkennen? Wie wirkt sich Bildung auf das Kochverhalten aus?

Interessant finde ich Kochbücher von Bäuerinnen. Ich besitze einige solcher Bücher von Landfrauenvereinen.

Ohne Vorinformationen über ein Land zu haben, kann man anhand der Rezepte erkennen, wie fruchtbar eine Gegend ist und wie kreativ Frauen in bestimmten Ländern mit den Lebensmitteln der Region umgehen.
Unzählige Rückschlüsse lässt das Kochverhalten in Familien, in Regionen und in einem Land zu. Darüber nachzudenken lohnt sich wirklich. Nicht in jeder Region, in der gewissermaßen alles wächst, wird differenziert gekocht. Zu ergründen, wieso das so ist, ist überaus spannend. Mir sind Regionen bekannt, in denen der Dreißigjährige Krieg die Kreativität am Herd für Jahrhunderte zum Erliegen brachte und andere, in denen Ideologien die Freude am Kochen zunichte machte.

Rezepte werden in ländlichen Gebieten von Generation zu Generation tradiert. Im Freundinnenkreis und in Landfrauenvereinen tauschen Frauen diese untereinander aus. So entsteht in der Regel eine typische regionale Küche. Die vorliegenden 180 Rezepte österreichischer Bäuerinnen verdeutlichen, dass diese Frauen, selbst, wenn sie bereits in die Jahre gekommen sind, sich Neuem gegenüber sehr aufgeschlossen zeigen, indem sie alten Rezepturen mehr Leichtigkeit verleihen. Die ländliche österreichische Küche hat sich durch die mittels der Medien vermehrt verbreiteten Ernährungslehre solchen wichtigen Erkenntnissen geöffnet und es geschafft aus der Bauernküche längst vergangener Tagen, wo die Menschen noch körperlich schwer arbeiten mussten, etwas Zeitgemäßes zu entwickeln.


Das zeigt die "Rindersuppe mit Hochzeitknödeln" ebenso wie die " Geeiste Gurkensuppe " oder auch der " Wiener Rindfleischsalat mit Krendressing". Die Gerichte sind fettarm und geschmackvoll. Die Fleischgerichte wie etwa "Zwiebelrostbraten" kennt jeder. Dass man in Österreich Rinderrouladen mit Schweinslungenbraten füllt, finde ich erwähnenswert. Man weiß dort die Innereien zu schätzen und nähert sich ihnen nicht mit spitzen Fingern. Lungenbraten und Schnitzel stellen viele der Bäuerinnen, deren Privatanschriften alle genannt werden, in unterschiedlichen Variationen vor. Offenbar gibt es diesbezüglich Vorlieben und die Bereitschaft sehr kreativ damit zu hantieren. Besonders gefallen hat mir der "Karfiol in der Haube", gemeint ist ein Blumenkohl und "Schwammerllaibchen", kreiert von einer älteren Bäuerin aus der Steiermark, aber auch "Schwammerl-Gulasch", ein delikates vegetarisches Gericht. Die vielen Pilzgerichte machen deutlich, dass für die österreichischen Bäuerinnen Fleisch nicht das Maß aller Dinge ist.

Bei den Nachspeisen sind Josefa Mosers "Kastanientorte" und die " Blättertorte" von Eleonora Hiesberger die eigentlichen süßen Highlights. Beide Damen kommen übrigens aus Niederösterreich.

Die Rezepte sind gut erklärt und problemlos nachkochbar.

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