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Rezension:Kräuter - Kressen - Sprossen: Warenkunde, Reportagen und Rezepte von Spitzenköchen (Gebundene Ausgabe)

 Dieses Buch hat der renommierte Food- Fotograf Thomas Ruhl auf den Weg gebracht. Es beinhaltet umfangreiche Sachinformationen, Reportagen und Rezepte von Spitzenköchen zu Kräutern, Kressen sowie Sprossen und wartet mit einer Fülle traumhafter Food-Fotos auf.

Bei den Spitzenköchen handelt es sich um: Michael Hoffmann, Jean-Marie Dumaine, Kevin Dundon, Dick Soek, Chantel Megelmoes, Heiko Antoniewicz, Nils Henkel, Joachim Wissler, Cornelia Poletto, Volker Drkosch, Massimo Butturo und Alain Passard.

Zu Beginn wird man gleich über die Inhaltsstoffe von Kräutern aufgeklärt, die für deren Aromen und Wirkung ursächlich sind und erfährt alles über deren jeweilge Wirkung. Zur Sprache kommen: Flavonoide, Glucosinolate, Phenolsäuren, Phytoöstrogene, Phytoterine, Protease-Inhibitatoren, Saponine, Sulfide, Terpene.

Gut erklärt wird daraufhin wie man einen Kräutergarten anlegt. Anschließend kann man sich zum Thema Ernte, Lagerung, Trocknen, Einfrieren und Kochen mit Kräutern kundig machen.

Ruhl berichtet u.a. vom "Gut Boltenhagen" in Süderholz in Mecklenburg-Vorpommern. Dort betreiben Ralf Hiener und Olaf Schelle gemeinsam den Gartenbetrieb "Essbare Landschaften", in dem edle Wildkräuter anbaut werden. Man erfährt Näheres zur Biographie der beiden Kräuterenthusiasten, bevor man eine Fülle von Kräutern, Kressen und Sprossen sowohl optisch als auch im Rahmen ausführlicher Beschreibungen kennenlernt. Obschon dies nicht mein erstes Kräuterkochbuch ist, das ich gelesen habe, sind mir hier viele Wildkräuter begegnet, die ich bislang nicht bewusst wahrgenommen habe. Das "Franzosenkraut", die "Vogelmiere" und den "Giersch" habe ich durch einen Freund im vorletzten Jahr schon kennen gelernt . Wie breitgefächert der gesundheitliche Nutzen ist, hat mir die Lektüre dieses Buches nachhaltig verdeutlicht. Essbare Blüten werden übrigens auch beschrieben. Dass man Gewürz-Tagetes konsumieren kann, sagt bereits der Name, dass Eisbegonien in pikanten Salaten eine interessante säuerlich-frische Note besteuern, ist gewiss nicht jedem bekannt.

Die Köche werden mittels kurzweilig zu lesender Reportagen vorgestellt, hauptsächlich allerdings durch die Rezepte, mit denen sie den Leser erfreuen. Bevor ich mich zu den Rezepten näher äußere, möchte ich nochmals auf die wirklich umfangreiche Warenkunde zu sprechen kommen: Man kann die detaillierte Beschreibung der Pflanzen nicht genug loben. Das gilt für die Eberraute ebenso wie für Sternjasmin, die römische Kamille, die Ananasminze, die Goldmelisse und viele Dutzend anderer Kräuter mehr. Beeindruckend.

Auch die vielen Informationen zu Sprossen sind lesenswert. Dass Keimgemüse als Babypflanze eine höhere Konzentration an Proteinen, Mineralien, Enzymen, Rebonukleinsäure, DNA, Bioflavonide, T-Zellen etc. enthalten als das " erwachsenen" Gemüse, sollte man wissen und seine Schlüsse daraus ziehen. Neben Alfafa, Koriandersprossen sowie Erbsenspargel-Sprossen gibt es eine Vielzahl anderer Keime, die nicht zuletzt Chantel Mengelmoes sehr kreativ in ihre sehr delikaten Gerichte integriert.

Hätte man mich vor der Lektüre gefragt, was man unter eine "Venus Vase" zu verstehen hat, hätte ich vermutlich eine vage Fantasieantwort gegeben. Jetzt weiß ich nicht nur, dass diese Pflanze aus dem Tropischen Regenwald kommt und zu den Kannenpflanzen gehört, sondern auch, dass man sie als Gefäß aus der Natur für Cocktails verwenden kann. Eine hübsche Idee.

Die Rezepte sind alle sehr gut erklärt aber nicht ganz einfach nachkochbar, selbst dann nicht, wenn man einen Kräutergarten besitzt oder einen guten Wochenmarkt in seiner Nähe weiß. Das abgeforderte Zubereitungsniveau erfordert eine gewisse Erfahrung.

Sehr delikat ist Michael Hoffmanns "Kabeljau mit Taschenkrebsen und Meerrettich, Salat von der Vogelmiere und Babarakresse mit Herzmuscheln, Sauce Kardinal und Meerrettich -Brioche". Relativ einfach lässt sich Jean Marie Dumaines "Lachs gebraten mit Fenchel, Sauerampfer-Gazpacho und Vogelbeeren" nachkochen.

Besonders gut gefallen hat mir das Gericht Kevin Dundons "Sautierte Irische Jakobsmuscheln auf Erbsenpüree mit rosa Grapefruitschaum und Gemüsesprossen", das sich als recht unkompliziert in der Zubereitung erwiesen hat, im Gegensatz zu Nils Henkels "Savarin von Schnecken und Kalbsbries, Wildkräutersalat , Vinaigrette von Joselito-Schinken". Nils Henkel, der zu den besten 40 Köchen weltweit zählt, zeigt mit diesem und den Folgegerichten eine Form von Subtilität, die mir allerhöchsten Respekt abfordert. Auch alle anderen genannten Köche zeigen wie gut sie mit den Kräutern, Kressen und Sprossen umgehen können.

Ein gelungenes, hochinformatives Buch, das in keiner wohl sortierten, guten Kochbuchsammlung fehlen sollte.