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Rezension: Gerichte mit Geschichte: 100 berühmte Klassiker - neu entdeckt (Taschenbuch)


Alfons Schuhbeck stellt in diesem äußerst amüsanten Buch hundert berühmte Gerichte vor. Dabei interpretiert er die Auswahl der notwendigen Ingredienzien neu und wohl auch zeitgemäß. Seine persönliche Geschmacksnote verleiht durch Beigabe von etwas Basilikum und Olivenöl dem hessischen Mai-Hit "Frankfurter Grüne Soße" eine beinahe mediterrane Komponente, die sicher nur Puristen aufschrecken lässt.

Wie dem auch sei, die Variation seines "Fürst- Pückler- Eises" lässt erahnen, dass das hier nachempfundene Rezept nicht in Bad Muskau, sondern irgendwo im Süden, gewiss mit Blick auf das sonnige Italien kreiert worden ist und bei allen anderen Gerichten ganz offensichtlich auch ein schöpferischer Geist am Werk war.

Ob nun "Beef Wellington", "Chateaubriand" oder "Königsberger Klopse", wie auch "Zürcher Geschnetzeltes", immer wieder erkennt man individuelle Gestaltungslust. Mal ein wenig Ingwer, wo zuvor nur Pfeffer als Würzmittel in Frage kam, mal ein paar Rosmarienzweige hinzugemogelt, wo man zuvor die Kräuterfrage noch zögerlich diskutierte oder aber mal schlichtes Kalbsbrät verwendet, wo zuvor Stopfleber als beschwerender Mantel für zartes Rinderfilet diente.

Könige und Fürsten, Politiker und Künstler, aber auch deren genussliebende Mätressen standen Pate für viele Küchen- Highlights. Folge davon ist, dass man heute bestimmte Begriffe, wie etwa "Chateaubriand" eher mit einer Art von Steak in Verbindung bringt, als mit dem Namensgeber Francois Rene Chateaubriand, einst bedeutender Politiker und Schriftsteller in Frankreich.

Interessant auch zu lesen, weshalb 1484 im Bodensee lebende Forellen sich urplötzlich blau färbten und daraufhin "Forelle blau" als leckere Mahlzeit auf den vorösterlichen Tisch kam. Anekdote reiht sich in diesem Buch an Anekdote, wobei Schuhbeck kurzweilig erzählen kann! So etwa, wie aus dem Begriff "Boeuf la mode" die Verballhornung "Böfflamott" wurde, oder weshalb man für einen adeligen Zocker einst das sogenannte "Club- Sandwich" entwickelt hat.

Schuhbeck läßt den Leser auch nicht im ungewissen über die wahre Herkunft des "Leipziger Allerlei". Weiter berichtet er vom Notessen "Arme Ritter" während des Dreissigjährigen Krieges und von dem Malheur, aufgrunddessen einst die himmlische Leckerei "Crepes Suzette" entstanden ist. Nachkochen möchte ich noch heute die "Mulligatawny - Suppe", möglicherweise wird sie mir ja so sehr munden, wie der trinkfesten Miss Sophie, die dieses Gericht alle Jahre wieder ihren Gästen als feinen ersten Gang serviert. Vielleicht sollte ich allerdings zuvor erst mal ein Glas Sherry trinken, maybe ?

Ein wirklich gelungenes Kochbuch, für alle die gerne kochen und bei Tisch sich über das, was sie speisen, interessant unterhalten möchten.

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Rezension: Nektar und Ambrosia

Eine aufschlussreiche Studie über Ess- und Trinkgewohnheiten der Menschen während der letzten Jahrtausende. Beginnend mit den Sammlerinnen- und Jägerkulturen in grauer Vorzeit spricht der Professor für Ethnologie K. E. Müller über die immensen Schuldgefühle dieser Personengruppen gegenüber Tier- und Pflanzengottheiten, deren Kinder quasi aufgegessen wurden, denn nicht nur Tiere, auch Feldfrüchte und Getreide galten als beseelt.

Der Autor weist auf die mannigfaltigen Rituale hin, denen sich diese Menschen unterzogen, um sich auf diese Weise mit den Göttern zu versöhnen und wieder eins zu werden mit der Natur.


Diese Nähe zur Natur hatten auch die späteren Agrargesellschaften, die durch ihre anbaubedingte Seßhaftigkeit in großer Abhängigkeit standen zum Wind und kaum vorhersagbarem Wetter.


Vorratswirtschaft war eine Grundvoraussetzung um zu überleben und von daher sahen sich die Menschen gezwungen, immer ausgeklügeltere Methoden der Konservierung von Lebensmitteln zu entwickeln.


Brot, Honig, Milch, Bier und Wein galten lange als die Grundnahrungsmittel in vielen Regionen dieser Erde. Allmählich entwickelten sich immer differenziertere Gerichte - Kräuter und Gewürze begannen eine größere Rolle zu spielen - und schließlich entstand die Tafelkultur.


Rezepte wurden niedergeschrieben und Köche erlangten Ruhm, schon bei den Römern! Aber es gab auch immer die so genannte Hausmannskost, die den kulinarischen Höhepunkt im familiären Zusammensein ausmachte.


Der gedeckte Tisch war in allen Jahrhunderten ein Ort von sozialer Bedeutung.


Manieren galten zunächst als Abgrenzungsmittel gegenüber den Tieren, später waren sie aber auch eine bewusst errichtete Barriere gegenüber sozial minder priviligierten Gesellschaftsgruppen.


Die gemeinsame Mahlzeit war stets ein wichtiges Bindemittel für die Familie. Durch die "Fast - Food - Apokalypse" der letzten Jahrzehnte allerdings sitzen Familienmitglieder immer seltener zusammen am Tisch. Hier in Deutschland, so liest man, wird noch in jedem fünfzehnten Haushalt täglich gemeinsam eine Mahlzeit eingenommen. Die familiäre Tischgesellschaft befindet sich demnach in der Auflösung zugunsten "zunehmender Individualisierung und einer erhöhten Bereitschaft zu wechselnden Beziehungen", wie der Autor analysiert.


Bleibt zu erwarten, wie die Gesellschaft das abrupte Ende der über Jahrtausende gewachsenen Rituale verkraftet.


Ein interessanter Text, eine unendliche Fülle von Informationen, die an dieser Stelle natürlich nicht aufgelistet werden können.


Der Kauf des Buches ist sehr zu empfehlen.

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