Eine aufschlussreiche Studie über Ess- und Trinkgewohnheiten der Menschen während der letzten Jahrtausende. Beginnend mit den Sammlerinnen- und Jägerkulturen in grauer Vorzeit spricht der Professor für Ethnologie K. E. Müller über die immensen Schuldgefühle dieser Personengruppen gegenüber Tier- und Pflanzengottheiten, deren Kinder quasi aufgegessen wurden, denn nicht nur Tiere, auch Feldfrüchte und Getreide galten als beseelt.
Der Autor weist auf die mannigfaltigen Rituale hin, denen sich diese Menschen unterzogen, um sich auf diese Weise mit den Göttern zu versöhnen und wieder eins zu werden mit der Natur.
Diese Nähe zur Natur hatten auch die späteren Agrargesellschaften, die durch ihre anbaubedingte Seßhaftigkeit in großer Abhängigkeit standen zum Wind und kaum vorhersagbarem Wetter.
Vorratswirtschaft war eine Grundvoraussetzung um zu überleben und von daher sahen sich die Menschen gezwungen, immer ausgeklügeltere Methoden der Konservierung von Lebensmitteln zu entwickeln.
Brot, Honig, Milch, Bier und Wein galten lange als die Grundnahrungsmittel in vielen Regionen dieser Erde. Allmählich entwickelten sich immer differenziertere Gerichte - Kräuter und Gewürze begannen eine größere Rolle zu spielen - und schließlich entstand die Tafelkultur.
Rezepte wurden niedergeschrieben und Köche erlangten Ruhm, schon bei den Römern! Aber es gab auch immer die so genannte Hausmannskost, die den kulinarischen Höhepunkt im familiären Zusammensein ausmachte.
Der gedeckte Tisch war in allen Jahrhunderten ein Ort von sozialer Bedeutung.
Manieren galten zunächst als Abgrenzungsmittel gegenüber den Tieren, später waren sie aber auch eine bewusst errichtete Barriere gegenüber sozial minder priviligierten Gesellschaftsgruppen.
Die gemeinsame Mahlzeit war stets ein wichtiges Bindemittel für die Familie. Durch die "Fast - Food - Apokalypse" der letzten Jahrzehnte allerdings sitzen Familienmitglieder immer seltener zusammen am Tisch. Hier in Deutschland, so liest man, wird noch in jedem fünfzehnten Haushalt täglich gemeinsam eine Mahlzeit eingenommen. Die familiäre Tischgesellschaft befindet sich demnach in der Auflösung zugunsten "zunehmender Individualisierung und einer erhöhten Bereitschaft zu wechselnden Beziehungen", wie der Autor analysiert.
Bleibt zu erwarten, wie die Gesellschaft das abrupte Ende der über Jahrtausende gewachsenen Rituale verkraftet.
Ein interessanter Text, eine unendliche Fülle von Informationen, die an dieser Stelle natürlich nicht aufgelistet werden können.
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