Dieses Blog durchsuchen

Rezension: Claire Joyes- Zu Gast bei Monet

Dieses Buch ist dem Maler Claude Oscar Monet (1840- 1926) gewidmet. Es beschäftigt sich allerdings nicht mit seiner Malerei, sondern primär mit seinen kulinarischen Vorlieben und seinem Leben ins seinem Haus und in seinem zauberhaften Garten in Giverny.

Der bedeutende französische Maler, der einst dem Impressionismus zum Durchbruch verhalf, überlebte diesen um eine ganze Generation. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau,- Madame Hoschedé war in erster Ehe mit einem Kunstmäzen verehelicht- gestaltete er sein Anwesen in Giverny zu jenem traumhaften Refugium, das man im Buch aufgrund vieler imposanter Fotos bewundern kann. Wer die Bilder des Malers kennt, weiß, dass viele davon in seinem Garten entstanden sind und freut sich dieses kleine Paradies im Hier und Heute mit den künstlerischen Eindrücken Monets vergleichen zu können. Die Wohnideen der Eheleute waren geprägt von einem einfachen und natürlichen Lebensstil. Die Monets lebten auf dem Lande, aber sie waren - wohlgemerkt- nicht provinziell.

Monet schätzte, wie die meisten Franzosen sehr gutes Essen, allerdings kochte er im Gegensatz zu anderen Künstlern nicht selbst. Viele Rezepte, die in der Küche des Hauses zubereitet wurden, hatte das Ehepaar von Restaurantbesuchen mitgebracht oder von Freunden, zumeist Schriftstellern, Sammlern, Malern und Schauspielern empfohlen bekommen. (vgl.:S.18)

Das Personal "werkelte" in der Küche und im Garten und sorgte dafür, dass die "Herrschaft" zufriedengestellt wurde. In Giverny gab es einen Gemüsegarten, auch einen Geflügelhof. Diese Gegebenheiten wirkten sich natürlich sehr positiv auf die kulinarische Bandbreite der Speisen aus, die täglich frisch zubereitet wurden.

Der Maler soll von seinen Reisen nicht selten Samen und Pflanzen mitgebracht und sich sogar mit der Zucht empfindlicher Pflanzen versucht haben. Er besaß Gartenkataloge und agierte mit Glashauben, um empfindliche Pflanzen über den Winter zu bringen. (vgl.: S. 46)

Interessant ist es über die häuslichen Pflichten seiner Gattin - sie hieß übrigens Alice- nachzulesen. Zu diesen Pflichten gehörte auch die Überwachung des Vorratsschrankes. Nichte alle Zutaten zu den Gourmetspeisen wurden in Giverny hergestellt. Tee, Gewürze und auch das Olivenöl bezog man von einem Pariser Händler.

Man legte Wert auf gutes Porzellan sowie auf einen schön gedeckten Tisch und achtete auf stilistische Besonderheiten. Daneben gab es auch Eigenwilligkeiten, die Tafelbeobachtern nicht entgangen sind und das waren Monets kulinarische Vorlieben. Über diese berichtet die Autorin kurzweilig. Der Künstler schätzte, so liest man weiter, gute Weine und reichte nach dem Essen selbstgebrannten Pflaumenschnaps, in aus Norwegen mitgebrachten runden Gläschen. (vgl.:S. 60).

Picknicks und Festessen der Monets werden thematisiert. Dieses Kapitel wird von schönen Gartenfotos und auch zwei Gemäldeablichtungen begleitet. Die beiden Bilder habe ich vor 2 Jahren im Musée d Orsay in Paris im Original bewundert. Die Farben kommen auf den Ablichtungen recht gut zur Geltung, obschon das Weiß bei dem Gemälde "Frühstück im Freien" im Original noch einen Touch strahlender ist.

Die Gäste, so erfährt man, wurden in Giverny von einem Blütenmeer erwartet. "Das Haus war von wildem Wein und Kletterrosen überwuchert und im Garten lösten sich je nach Jahreszeit farblich genau aufeinander abgestimmte Blumenrabatten ab: vom durch weiße und rosa Farbtupfer abgemilderten Feuerrot des Frühjahrs bis zu den sanften Farben des Herbstes." (Zitat: S.100)

Empfangen wurden im Refugium u.a. alte Malerfreunde, wie etwa Renoir, Sisley, Pissaro und Cèzanne, aber auch ausgewählte Künster der amerikanischen Kolonie, die Künstlerin Berthe Morisot und Edgar Degas, sowie ungezählte Künstlerpersönlichkeiten mehr. Sie alle wurden mit vorzüglichen Speisen bewirtet, deren Rezeptur man im 2. Teil des Buches nachlesen kann. 180 Originalrezepte warten darauf, neugierig in Augenschein genommen zu werden. Der Rezeptaufbau unterscheidet sich von heutiger Rezeptgestaltung ein wenig, weil zumeist die Zutaten nicht gesondert aufgelistet sind. Dennoch kann man die Speisen problemlos nachkochen, sofern man etwas Ahnung vom Kochen hat.

Untergliedert sind die Rezepte in: Suppen und Eintöpfe, Eiergerichte, Saucen, Vorspeisen, Geflügel, Fleisch, Wild, Fischgerichte, Nachspeisen, Kuchen zum Tee, Konfitüren und Konserven. Im Vergleich mit alten Rezeptbüchern aus Deutschland kann man festhalten, dass bei den Monets weitaus neuzeitlicher, feiner und eleganter gekocht wurde. Monet war ein moderner Gourmet. Eindeutig. Die 180 Rezepte lassen keinen anderen Schluss zu.

Am Wochenende werde ich die "Muscheln in Kräutersud" nach dem im Buch enthaltenen Rezept zubereiten. Ich gebe das Rezept hier wieder, damit Sie einen Eindruck haben, was Sie im Rezeptteil erwartet:

"Moules au Vert- Muschel in Kräutersud"

Die Muscheln gut reinigen und mit stets frischem Wasser mehrmals waschen. Grob gehackte Zwiebeln und Staudensellerie in einer Kasserolle in Butter anschwitzen. Pfefferkörner, Salz und Muscheln dazugeben. Bei starker Hitze kochen, dabei mehrmals umrühren. Sobald die Muscheln gar sind, durch ein Sieb schütten, den Sud auffangen. Kerbel, ein wenig Sauerampfer, Petersilie und Estragon fein hacken, in Butter anschwitzen, mit Kochflüssigkeit und Weißwein auffüllen. Die Sauce zum Kochen bringen, mit Stärkemehl binden und die Muscheln darin erhitzen. Soll es feiner zugehen, die Muscheln nach dem Garen aus den Schalen lösen."

Das Stärkemehl werde ich weglassen und stattdessen einen Teelöffel eiskalter Butter dazugeben. Das sorgt auch für Bindung, schmeckt aber noch besser.

Die vielen schönen Fotos im Buch wurden von Jean-Bernard Naudin realisiert. Die Originalrezepte betreute der französische Dreisternekoch Joel Robuchon, für die Texte zeichnet Claire Joyes, die Frau eines Urenkels von Alice Hoschedé. Die alten Fotos wurden aus dem Familienbesitz beigesteuert. Die Speisen wurden so originalgetreu wie nur möglich zubereitet und auch präsentiert.

Ein Herbstereignis auf dem Büchermarkt. Einfach nur schööööön.:-))