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Rezension: Kaiserliche Küche: Die Rezepte der Habsburger (Gebundene Ausgabe)

Die Literatur- und Kunsthistorikerin Gabriele Praschl-Bichler hat gemeinsam mit renommierten Koch Gerd Wolfgang Sievers dieses kulturhistorisch bemerkenswerte Buch auf den Weg gebracht. Nach einleitenden Worten von Gabriele Praschl-Bichler und einem Vorwort von Gerd Wolfgang Sievers wird zunächst die Küche und Esskultur im Mittelalter im Allgemeinen und die Entwicklung der Tisch-, Koch- und Esskultur von der frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert thematisiert.

Anschließend wird man - im Rahmen von zumeist etwas mehr als einer Seite - mit aufschlussreichen Kurzbiographien von insgesamt 20 Habsburger Regenten vertraut gemacht. Neben deren Lebensgeschichte erfährt man auch immer Näheres über die Esskultur in der jeweils fokussierten Zeit und bekommt stets auch einige authentische Rezepte nahe gebracht, die Gerd Wolfgang Sievers ein wenig unserem heutigen Geschmack angepasst hat, ohne die Rezepturen inhaltlich groß zu verändern.


Die Darstellung der Habsburger Herrscher mit ihren kulinarischen Gepflogenheiten beginnt mit Rudolf I. (1218-1291) und endet mit Erzherzog Otto (1912) und Erzherzog Karl (1961). Es ist schon erstaunlich, wie sich im Laufe der Zeit die Geschmäcker verändert haben, obschon ein "Kalter Rehrücken mit Herrensauce" sich in der Zubereitungen von heutigen Wildbrettspeisen nicht so sehr unterscheidet, wie ich urspünglich annahm.

Kaiser Maximilian I. (1459-1519) war ein großer Gourmet. Er war der erste hoch kultivierte Habsburger Regent, der sogar selbst Haushalts- und Einkaufslisten verfasste, Menüpläne gestaltete und sich um die Vorratshaltung kümmerte. Der Kaiser, der nach seinem Tode sein Herz im Sarg seiner bereits sehr jung verstorbenen ersten Gemahlin Maria von Burgund zum Zeichen seiner großen Liebe bestatten ließ, ernährte sich zu seinen Lebzeiten mit Speisen, wie etwa "Erbsen auf Höfische Art", "Gegrillte Schnecken" oder aber "Rehtopf mit Speck". Sehr spannend ist es, die alten Rezepte zu studieren, z. B. wie man zu Zeiten Maximilians bei Hofe einen Ochsen im Ganzen gebraten hat, (vgl.: S.62ff).

Kaiser Karl V. (1500-1558) zählte neben Maximilian I. zu den wenigen Feinschmeckern unter den Habsburger Herrschern. Er liebte stark gewürzte Pasteten. Die Gewürze waren damals extrem teuer und wurden aus dem orientalischen Raum eingeführt, (vgl. S.: 75).

Man lernt u.a. die Rezeptur einer "Taubenpastete" aus jener Zeit kennen und auch das Rezept für einen "Hammelbraten nach Art der Mauren." Es ist durchaus kein Problem diese Rezepte nachzukochen, denn die erforderlichen Gewürze kann man in jedem guten Wochenmarkt mittlerweile ohne Schwierigkeiten erwerben.

Kaiser Rudolf II. (1552-1662), war der älteste überlebende Sohn Kaiser Maximilians II. Als er regierte, erlebte die Kunst und die Wissenschaft eine nie dagewesene Blüte. Guiseppe Arcimboldo war einer der berühmtesten Hofmaler dieses Kaisers, der einen schwierigen Charakter besessen haben soll und zumeist allein tafelte. Es fällt auf, dass die Speisen raffinierter sind als bei den vorangegangen Regenten. Die "Hühnerpastete mit Früchten" zeugt von viel Kreativität und dies auch gilt für das "Schweineragout mit Äpfeln und Rosinen."

Kaiserin Maria Theresia (1717-1760) und ihr Gemahl bevorzugte intime Essen in kleiner Runde. Eine Mehlspeise aus jenen Tagen nannte sich "Wespennester" und diese Leckerlei, in der Mandeln und Rosinen nicht fehlen dürfen, scheint heute noch sehr beliebt zu sein.

Die Speisen, auch bei Hofe wandeln sich und zwar wie die gesamte Esskultur, je mehr man sich dem Hier und Heute nähert. Kaiserin Elisabeth (1837-1898) aß oft sehr reichhaltig, obschon sie überaus schlank war. Sie hielt ihr Gewicht, indem sie wie ein Hochleistungssportler trainierte. Die Rezepte aus jenen Tagen sind noch immer zeitgemäß und lohnen sich, zubereitet zu werden.

Ich habe vor einigen Jahren ein ähnliches Buch über die Küche am Hofe der preußischen Könige gelesen sowie rezensiert und habe dieses Buch aus der Bibliothek heute hervorgeholt, um Vergleiche anzustellen. Die Habsburger Rezepte sind von der Würzung her differenzierter und die Süßspeisen von einem Niveau, wie es wohl in ganz Europa einmalig ist.

Lobend erwähnen möchte ich die vielen schönen Bilder und Fotos, auch die Stammtafel der Habsburger Herrscher und das beachtliche Literaturverzeichnis, das deutlich macht, dass dieses Buch nicht mit heißer Nadel gestrickt worden ist.
Das Buch ist natürlich primär kein Kochbuch, sondern ein kuturhistorisches Juwel mit praktischen Beispielen.

Empfehlenswert.

Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.

© 2010 „Kaiserliche Küche“, Leopold Stocker Verlag