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Rezension: Vom Vergnügen eine gute Köchin zu sein (Gebundene Ausgabe)

Die Gourmetjournalistin, Restaurantkritikerin und Autorin Katja Mutschelknaus hat ihr Buch allen großen Bratenköchinnen gewidmet. Der Untertitel heißt nicht grundlos "Vom Vergnügen, eine gute Köchin zu sein".

Das Buch enthält insgesamt 14 Kapitel, die drei Themenbereichen unterstellt sind:

1. Vom weiblichen Appetit auf höfische Genüsse
2. Kochen im bürgerlichen Zeitalter
3. Die Küche als Sehnsuchtsort.

Am Ende eines jeden Kapitels wartet die Autorin mit einem Kochrezept aus vergangenen Zeiten auf. Hierdurch erkennt der Leser, dass es in allen Zeiten Menschen gab, die Wert auf geschmackvolle Speisen legten.

Bevor die weibliche Emanzipation ihre ersten Blüten trieb, soll die Küche der Frauen in der öffentlichen Meinung kaum nennenswertes Prestige gehabt haben. Weshalb dies so war, erläutert die Autorin auf Seite 12 ausführlich. Über 5000 Jahre hindurch besaßen männliche Köche das Monopol der höfischen Kochkunst und damit der repräsentativen Küche. Erst im 18. Jahrhundert begannen Frauen die Männerbastion der hohen Schule der feinen Küche allmählich für sich zu gewinnen. Was einst dem Kaiser der Mundkoch war, so Mutschelknaus, war dem Bürger nun die Köchin. Die Kochkunst der "Perle", über die die Autorin näher berichtet, diente dazu, das Ansehen des Hauses zu mehren. Von da an erschien die Kochkunst der Frauen in neuem Licht.

Ausführlich liest man vom Küchenalltag der so genannten Perlen in vergangenen Tagen, auch von ihrer sozialen Herkunft. Eine geregelte Ausbildung, eine Kochlehre und dergleichen mehr waren damals noch unbekannt und so verlief im glücklichen Fall die Karriere ungelernter weiblicher Küchenberufe wie folgt: Die Mädchen begannen als Scheuermagd oder als Mädchen für alles und erklommen allmählich die Leiter zu Köchin, die dann beispielsweise eine "Seezunge mit Wermut"(S. 27) kreierte, so wie einst Antoinette Carnet, eine Köchin aus Paris.

Mutschelknaus geht der Frage nach, weshalb in den Küchen bei Hofe zumeist Männer das Zepter führten und verdeutlicht, dass bis zur Französischen Revolution und noch das ganze 19. Jahrhundert hindurch, sich Köche nicht als Berufsstand mit einer eigenen Identität, die sich in individuellen Symbolen ausdrückt, definierten. Die Wechselwirkung zwischen Hofkoch und Potentat finde ich interessant. Sie macht deutlich, weshalb Frauen so lange der Zugang in diese Domäne verschlossen blieb.

Wissenswertes liest man über Philippine Welser(1527-1580), deren berühmtes Kochbuch nicht aus ihrer Feder stammte. Dieses Kochbuch gehört heute zum Inventar des Kunsthistorischen Museums Wien. In diesem Werk sollen sich Rezepturen an Rezepturen reihen und zwar in sorgfältiger, geradezu nüchtern wirkender Kanzleischrift,(vgl.: S.38).

Thematisiert wird in der Folge die fürstliche Pracht am bürgerlichen Tisch und hier die 9--14 Gänge- Menüs, die Köchinnen für 12 bis 36 Personen zubereiteten. Jean Anthèlme Brillat-Savarin (1755-1826) soll die bürgerliche Renommiersucht karikiert und sich über die zu Geld gekommenen Herrschaften, bei denen sich die Tische bogen, belustigt haben, (vgl. S. 44).

In der Folge wird sehr gut nachvollziehbar erläutert, was eine Köchin vom alten Schlage alles wissen und können musste. Das Schlachten von Kleintieren gehörte übrigens zum Alltag dieser Perlen. Wie die Autorin richtig anmerkt, war nervenstarker Pragmatismus angesagt.

Die Autorin widmet der Mutter aller Kochbücher Isabella Mary Beeton (1836-1865) ein Kapitel, thematisiert die pädagogische Bedeutung von Kochbüchern in vorangegangener Zeit, das zum unentbehrlichen Nachschlagewerk für die Tücken des Alltags zwischen Spültisch und Bratröhre wurde, (vgl.: S. 66). In diesem Zusammenhang liest man auch von Henriette Davidis (1801-1876) und deren Rezept "Suppe von marinierten Schildkrötenfleisch". Gottlob, dass die armen Tiere heute unter Naturschutz stehen.

Lesenswert sind nichts zuletzt auch die Kapitel über die französische Kochschule und die Frauen sowie die Gaumenfreuden der englischen Herrenhäuser. Dort lag der Herrschaftsbereich der Köchinnen in einem Paralleluniversum, das von der Welt der Herrschaft aus gesehen, möglichst unsichtbar zu wirken hatte.

Man liest von Köchinnen, die in Familien eine Art Faktotum waren und von der italienischen Pastaküche als patriotisches Projekt, von den böhmischen Köchinnen, die den Ruhm der Wiener Küche mehrten und von der Zeit als die weibliche Rolle in der Küche zum Politikum wurde. Interessanterweise vollzog sich die Eroberung der Sternegastronomie durch die Frauen zeitgleich mit der Durchsetzung des allgemeinen, gleichen und freien Frauenwahlrechts.

Madame Brazier (1895-1977) erhielt für ihre beiden Restaurants 3 Sterne und galt in Frankreich als große Persönlichkeit. Dass es heute viele Spitzenköchinnen gibt, verdanken wir nicht zuletzt der Emanzipation und dem unverkrampften Umgang mit kulinarischen Ambitionen. Freude am Kochen wird nur noch von dümmlichen Ignoranten als Indiz für verminderte intellektuelle Fähigkeiten bei Frauen gedeutet. Immerhin.

Ein Buch, das ich gerne empfehle.

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