Edle, sehr hochwertige Kochbücher gibt es seit einigen Jahren kaum noch. Das mag daran liegen, das es einfach für die Verlage zu kostspielig geworden ist oder aber dass bestimmte Verlage nicht mehr existieren. Auf "Buch, Kultur und Lifestyle" habe ich eine ganze Anzahl solcher Bücher im vergangenen Jahrzehnt rezensiert und freue mich, nun endlich wieder einmal einen solchen Prachtband vorstellen zu dürfen.
Der Rückseite des Buchdeckels entnimmt man die Zeilen "Kochkunst auf höchsten Niveau trifft Kunstwerk trifft Literatur trifft Fotografie." Versprochen werden alsdann "farbenprächtige, sinnlich üppig-irdische Malerei sowie literarische Geschichten, die durch die Welten, Zeiten und Mythen führen. Vor allem Gerichte, die man sich schon beim bloßen Betrachten und Nachlesen der Rezepte auf der Zunge zergehen lassen kann."
Die Autoren sind:
- Emanuel Weyringer, welterfahrener Haubenkoch,
- Johann Weyringer, einer der erfolgreichsten und vielseitigsten Maler, Zeichner und Bildhauer Österreichs und Vater des Haubenkochs
- Walter Müller, renommierter Salzburger Schriftsteller
- Peter Angerer, international geschätzter Fotograf
Der Schriftsteller Walter Müller erzählt in diesem faszinierenden Buch zauberhafte Geschichten, in denen sich Reiseanekdoten von Emanuel Weyringer- er war in der ganzen Welt unterwegs- mit Warenkundlichem, was einzelne Produkte aus den Rezepten im Buch anbelangt und mit Mythen im Zusammenhang mit diesen Produkten auf bemerkenswerte Art verbinden.
Illustriert sind diese Geschichten mit sehr schönen Gemäldeablichtungen von Johann Weyringer, deren Farbgebung mich mitunter an Miros Werke erinnert. Farben von Johann Weyringers Werk durchziehen das gesamte Buch. Näheres zu den abgelichteten Gemälden liest man auf den letzten Seiten. Dort sind die Titel, die Technik, die Entstehungsjahre und die Größe der Originale benannt. Die Gemälde korrespondieren mit den vorgestellten Gerichten.
Hinzu kommen im Buch die tollen Fotos der Rezeptergebnisse, die nicht nur lukullisch, sondern auch kunsthandwerklich perfekt gestaltet sind und ebenfalls Farbenfreude erkennen lassen.
Im Grunde sollte man maximal drei Geschichten am Abend bei einem Glas Wein lesen oder besser noch, einem gebildeten, weltläufigen, kulinarisch und künstlerisch interessierten Menschen vorlesen und anschließend über die Inhalte sprechen sowie Bilder gemeinsam bestaunen.
Schon die erste Geschichte, eine über Muscheln beeindruckt und macht neugierig auf das Rezept. Ich hüte mich, hier diese Geschichte oder andere nachzuerzählen. So viel nur.., sie sind wunderschön und überaus inspirierend.
Mich beeindruckt die Weitgereistheit des Kochs, seine Fähigkeit Reiseeindrücke in raffinierte Rezepte zu verwandeln, auch beeindruckt mich die Poesie der Autors, dessen Geschichten aus "Tausendundeiner Nacht" stammen könnten. So sehr betören sie die Sinne. Die Gemäldeablichtungen und die Bilder tun das Ihre dazu.
Zu Ende des 1. Teils, in dem die Geschichte zu den Rezepten nachzulesen ist, gibt es ein Nachwort von Johann Weyringer. Anschließend folgen einige Impressionen zum Restaurant "Weyringer Wallersee", in dem sich die Farbenfreude des 1. Teils des Buches auf dezente, sehr edle Art widerspiegelt. Dort zu speisen, welch ein Geschenk!
Anschließend dann beginnt der Rezeptteil, im nüchternem Grau mit schwarzer Schrift gehalten. Die Zutaten sind jeweils aufgelistet und die Rezepte gut beschrieben. Die Zusammenstellung der Zutaten lassen bereits den Kochkünstler erahnen.
Nachkochen ist kein Sparziergang aber möglich, wenn man sich zuvor in die Rezepte vertieft und den Spirit begriffen hat, viel Geduld aufbringt und sich durch anfängliche Missgeschicke nicht beirren lässt. Gestalten auf dem Teller, Du meine Güte...
Wonach mir jetzt wäre? Ich wähle mal den "Gefüllten Kaninchenrücken mit Mango-Chutney und Salsa della Nonna" oder vielleicht doch lieber den "Fasan in Bitterschokolade mit Morcheln und Hirseragout." Zum Dessert dann "Salzburger Nockerl mit Preisbeermarmelade". Die Vorspeise? Vielleicht "Marinierter Oktopus mit Kräuterwiese und Tom-KhA-Gai-Sauce."
Wer generell nicht nachkochen mag, weil er es sich nicht zutraut und sich das Buch ausschließlich zur mentalen und visuellen Freude anschafft, hat auch alles richtig gemacht, denn Bücher wie dieses sind ein Juwel und insofern ganz besonderer Schatz in der Kochbuchsammlung.
Maximal empfehlenswert.
Helga König
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