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Rezension: Weyringer Wallersee- Poesie des Kochens- Verlag Anton Pustet.

  
Edle, sehr hochwertige Kochbücher gibt es seit einigen Jahren kaum noch. Das mag daran liegen, das es einfach für die Verlage zu kostspielig geworden ist oder aber dass bestimmte Verlage nicht mehr existieren. Auf "Buch, Kultur und Lifestyle" habe ich eine ganze Anzahl solcher Bücher im vergangenen Jahrzehnt rezensiert und freue mich, nun endlich wieder einmal einen solchen Prachtband vorstellen zu dürfen. 

Der Rückseite des Buchdeckels entnimmt man die Zeilen "Kochkunst auf höchsten Niveau trifft Kunstwerk trifft Literatur trifft Fotografie." Versprochen werden alsdann "farbenprächtige, sinnlich üppig-irdische Malerei sowie literarische Geschichten, die durch die Welten, Zeiten und Mythen führen. Vor allem Gerichte, die man sich schon beim bloßen Betrachten und Nachlesen der Rezepte auf der Zunge zergehen lassen kann." 

Die Autoren sind: 
- Emanuel Weyringer, welterfahrener Haubenkoch, 
- Johann Weyringer, einer der erfolgreichsten und vielseitigsten Maler, Zeichner und Bildhauer Österreichs und Vater des Haubenkochs
- Walter Müller, renommierter Salzburger Schriftsteller 
- Peter Angerer, international geschätzter Fotograf 

Der Schriftsteller Walter Müller erzählt in diesem faszinierenden Buch zauberhafte Geschichten, in denen sich Reiseanekdoten von Emanuel Weyringer- er war in der ganzen Welt unterwegs- mit Warenkundlichem, was einzelne Produkte aus den Rezepten im Buch anbelangt und mit Mythen im Zusammenhang mit diesen Produkten auf bemerkenswerte Art verbinden.

Illustriert sind diese Geschichten mit sehr schönen Gemäldeablichtungen von Johann Weyringer, deren Farbgebung mich mitunter an Miros Werke erinnert. Farben von Johann Weyringers Werk durchziehen das gesamte Buch. Näheres zu den abgelichteten Gemälden liest man auf den letzten Seiten. Dort sind die Titel, die Technik, die Entstehungsjahre und die Größe der Originale benannt. Die Gemälde korrespondieren mit den vorgestellten Gerichten. 

Hinzu kommen im Buch die tollen Fotos der Rezeptergebnisse, die nicht nur lukullisch, sondern auch kunsthandwerklich perfekt gestaltet sind und ebenfalls Farbenfreude erkennen lassen. 

Im Grunde sollte man maximal drei Geschichten am Abend bei einem Glas Wein lesen oder besser noch, einem gebildeten, weltläufigen, kulinarisch und künstlerisch interessierten Menschen vorlesen und anschließend über die Inhalte sprechen sowie Bilder gemeinsam bestaunen. 

Schon die erste Geschichte, eine über Muscheln beeindruckt und macht neugierig auf das Rezept. Ich hüte mich, hier diese Geschichte oder andere nachzuerzählen. So viel nur.., sie sind wunderschön und überaus inspirierend.

Mich beeindruckt die Weitgereistheit des Kochs, seine Fähigkeit Reiseeindrücke in raffinierte Rezepte zu verwandeln, auch beeindruckt mich die Poesie der Autors, dessen Geschichten aus "Tausendundeiner Nacht" stammen könnten. So sehr betören sie die Sinne. Die Gemäldeablichtungen und die Bilder tun das Ihre dazu. 

Zu Ende des 1. Teils, in dem die Geschichte zu den Rezepten nachzulesen ist, gibt es ein Nachwort von Johann Weyringer. Anschließend folgen einige Impressionen zum Restaurant "Weyringer Wallersee", in dem sich die Farbenfreude des 1. Teils des Buches auf dezente, sehr edle Art widerspiegelt. Dort zu speisen, welch ein Geschenk! 

Anschließend dann beginnt der Rezeptteil, im nüchternem Grau mit schwarzer Schrift gehalten. Die Zutaten sind jeweils aufgelistet und die Rezepte gut beschrieben. Die Zusammenstellung der Zutaten lassen bereits den Kochkünstler erahnen. 

Nachkochen ist kein Sparziergang aber möglich, wenn man sich zuvor in die Rezepte vertieft und den Spirit begriffen hat, viel Geduld aufbringt und sich durch anfängliche Missgeschicke nicht beirren lässt. Gestalten auf dem Teller, Du meine Güte...

Wonach mir jetzt wäre? Ich wähle mal den "Gefüllten Kaninchenrücken mit Mango-Chutney und Salsa della Nonna" oder vielleicht doch lieber den "Fasan in Bitterschokolade mit Morcheln und Hirseragout." Zum Dessert dann "Salzburger Nockerl mit Preisbeermarmelade". Die Vorspeise? Vielleicht "Marinierter Oktopus mit Kräuterwiese und Tom-KhA-Gai-Sauce." 

Wer generell nicht nachkochen mag, weil er es sich nicht zutraut und sich das Buch ausschließlich zur mentalen und visuellen Freude anschafft, hat auch alles richtig gemacht, denn Bücher wie dieses sind ein Juwel und  insofern ganz besonderer Schatz in der Kochbuchsammlung.

 Maximal empfehlenswert. 

Helga König 

Onlinebestellung: Verlag Anton Pustet oder Amazon  

Rezension: Terra Mediterranea- Eine kulinarische Reise ums Mittelmeer- Fischer


Die Autoren dieses reich bebilderten Buches sind der mit dem Grimme-Preis und dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnete Autor Daniel Speck und der renommierte Fotograf Gio Martorana. 

Das Werk ist kein klassisches Kochbuch, erfährt man gleich zu Beginn, obschon sich alles ums Essen drehe. Vorgestellt werden drei Köche aus drei Kulturräumen des Mittelmeeres. Charakterisiert werden sie als leidenschaftliche Genießer, großzügige Gastgeber und faszinierende Geschichtenerzähler. Bei den Köchen handelt es sich um Martina Caruso aus Salina, Jacob Lellouche aus Tunis und Fadi Kattan aus Betlehem. Diese Männer stellen in der vorliegenden Publikation ihre ganz persönlichen Rezepte vor. Für diese drei Köche sei Kochen mehr als die Zubereitung von Lebensmitteln, es handele sich um das Öffnen einer Tür. Es gehe um die Geschichten hinter den Gerichten, denn jedes Gericht erzählt von einer Reise, einer Begegnung, einer Verwandlung. So viel zur Einstimmung. 

Das Werk ist in drei Teile untergliedert: 
Teil 1: Salina 
Teil 2: Tunis 
Teil 3: Betlehem 

Den Rezepten in den 3 Teilen des Buches, sind Texte vorangestellt, die etwas über die Ort erzählen, der gerade fokussiert wird. Es sind sehr individuelle Eindrücke, zugleich Reiseberichte mit viel wissenswertem Inhalt. Die Rezeptergebnisse anschließend  sind stets visualisiert. Die Rezepte selbst gutgegliedert und verständlich dem Leser nahegebracht. Man erfährt immer für wieviel Personen die Zutatenmenge ausreicht und wie lange die Zubereitungszeit andauert. Zudem erfährt man historisch oder sonstig Wissenswertes, auch Anekdotisches im Hinblick auf die einzelnen Rezepte. 

Die Insel Salina ist berühmt für ihre Kapern. Diesbezüglich erfährt man das Ein oder Andere und erhält zudem ein Rezept für Kapern-Eis, das sich weniger als Dessert denn als Zwischengang  eignet ganz ähnlich wie Basilikum-Eis. Hervorheben möchte ich im ersten Teil das Rezept für "Zahnbrasse mit Orangen und Kopfsalat", weil es die Insel facettenreich darstellt mit all seinen typischen Zutaten. Als Abschluss eine sizilianische Süßspeise? Ja. Ich wähle die "Zitronen-Granita", nicht zuletzt, weil die Autoren viel historisch Wissenswertes zum Rezept beigefügt haben. Solche Informationen inspirieren und regen beim Genießen die Phantasie an. Gefallen auch haben mir die Weinempfehlungen von Luca Caruso zu den Gerichten Die vorgestellten Weine im 1. Teil des Buches stammen nahezu alle aus Sizilien. 

Im 2. Teil dann geht es um Tunis. Hier liest man u.a., dass Buchhandlungen keine normalen Geschäfte seien, sondern Reisebüros für Zeitreisende. Eine tolle Definition, die mir sofort gefallen hat. In einer Buchhandlung in Tunis bekam Daniel Speck den Tipp Jacob Lellouche aufzusuchen, der mehr erzählen könne als in Büchern stehe. Er und seine Mutter betreiben das letzte jüdische Restaurant in Tunis und zwar im Hafenviertel La Goulette. 

Und dann dessen Rezepte.. Wunderbar! Der "Zitronensalat" eingangs  ist auf einem blauen Fischerboot angerichtet, das am Strand von Karthago von den Protagonisten gefunden wurde. Das macht neugierig. Dann erhält man u.a. ein Rezept für "Harissa" nach Art des Hauses. Hier spielen Chilischoten die maßgebliche Rolle. Kreuzkümmel ist in zahlreichen Rezepten angesagt, auch in dem Rezept "Fisch in Araimi-Sauce" spielt Kreuzkümmel eine Rolle. Dazu gibt es Couscous, dessen Rezept ebenfalls neugierig macht. Es handelt sich um einen Gemüsecouscous. 

Spannend auch ist das Rezept für "Zitronenhühnchen", das man an Couscous oder weißem Reis anrichten kann. Ein wunderbares "Lammragout mit Aprikosen" erweist sich als das tunesische Lieblingsleibgericht des Autors, das Jacob mit Rosinen und Mandeln anreichert, aber auf Zimt verzichtet, obschon dieses Gewürz traditionell verwendet wird. Bemerkenswerte Desserts runden die Küche von Jacob Lellouche ab. Dazu gehört das Rezept für einen "Dattel-Griess-Kuchen". Über das "Brot der Wüste" (Datteln), erfährt man vorab Näheres und ist erstaunt, wie viele gesunde Stoffe es enthält. 

Im 3. Teil dann geht es um Betlehem und den Koch Fadi Katthan. Auch hier wieder erfährt man Wissenswertes über den Ort und den Koch, dessen ausgesuchte Rezepte eine Liebeserklärung an seine palästinensische Familie sind. Spannend an der palästinensischen Küche ist die Tatsache, dass die Einflüsse aller Völker, die in diesem Land lebten und durch das Land zogen, integriert sind. Genannt werden die Kanaaniter, Philister, Phönizier, Ägypter, Israeliten, Samariter, Römer, Perser, Griechen, Araber, Afrikaner, Türken und Armenier. Diese Küche ist übrigens nicht nur eine Reflektion der Menschen und der Geschichte, sondern auch der Handelsgeschichte am Kreuzpunkt zwischen Europa, Asien und Afrika.

Beeindruckende Bilder von Jerusalem und spannend zu lesende Texte führen schließlich zum 3. Rezeptteil mit Rezepten, die ebenfalls von inhaltsreichen Texten begleitet werden, so etwa beim "Orangensalat mit Granatapfel", wo man mehr über den Granatapfel erfährt, der ein universelles Symbol des Mittelmeers ist. Rezepte für "Rote Linsensuppe mit geröstetem Brot" oder auch "Gefüllte Zucchini" machen der Gewürze wegen neugierig. Das gilt auch für die Fleischgerichte, bei denen großzügig mit Gewürzen umgegangen wird. Selbst der "Frittierte Wolfsbarsch" kommt ohne Gewürzvielfalt nicht aus, die man übrigens "Baharat" nennt. Wer es süß liebt, kann den "Engelshaarkuchen" nachbacken und sich anschließend wünschen, dass ihm Flügel wachsen, weil die opulenten Speisen, die Beine etwas ermattet haben. 

Wer gerne mit exotischen Gewürzen hantiert, süße Desserts mag und Zitronen schätzt, wird  das Werk nicht nur als Reisebuch zu schätzen wissen, sondern auch in der Küche nutzen und über die Ergebnisse der Kochkunst der drei Köche staunen. Das aber setzt genaues Lesen voraus.

Maximal empfehlenswert. 
Helga König

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