Die Autoren dieses reich bebilderten Buches sind der mit dem Grimme-Preis und dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnete Autor Daniel Speck und der renommierte Fotograf Gio Martorana.
Das Werk ist kein klassisches Kochbuch, erfährt man gleich zu Beginn, obschon sich alles ums Essen drehe. Vorgestellt werden drei Köche aus drei Kulturräumen des Mittelmeeres. Charakterisiert werden sie als leidenschaftliche Genießer, großzügige Gastgeber und faszinierende Geschichtenerzähler. Bei den Köchen handelt es sich um Martina Caruso aus Salina, Jacob Lellouche aus Tunis und Fadi Kattan aus Betlehem. Diese Männer stellen in der vorliegenden Publikation ihre ganz persönlichen Rezepte vor. Für diese drei Köche sei Kochen mehr als die Zubereitung von Lebensmitteln, es handele sich um das Öffnen einer Tür. Es gehe um die Geschichten hinter den Gerichten, denn jedes Gericht erzählt von einer Reise, einer Begegnung, einer Verwandlung. So viel zur Einstimmung.
Das Werk ist in drei Teile untergliedert:
Teil 1: Salina
Teil 2: Tunis
Teil 3: Betlehem
Den Rezepten in den 3 Teilen des Buches, sind Texte vorangestellt, die etwas über die Ort erzählen, der gerade fokussiert wird. Es sind sehr individuelle Eindrücke, zugleich Reiseberichte mit viel wissenswertem Inhalt.
Die Rezeptergebnisse anschließend sind stets visualisiert. Die Rezepte selbst gutgegliedert und verständlich dem Leser nahegebracht. Man erfährt immer für wieviel Personen die Zutatenmenge ausreicht und wie lange die Zubereitungszeit andauert. Zudem erfährt man historisch oder sonstig Wissenswertes, auch Anekdotisches im Hinblick auf die einzelnen Rezepte.
Die Insel Salina ist berühmt für ihre Kapern. Diesbezüglich erfährt man das Ein oder Andere und erhält zudem ein Rezept für Kapern-Eis, das sich weniger als Dessert denn als Zwischengang eignet ganz ähnlich wie Basilikum-Eis.
Hervorheben möchte ich im ersten Teil das Rezept für "Zahnbrasse mit Orangen und Kopfsalat", weil es die Insel facettenreich darstellt mit all seinen typischen Zutaten. Als Abschluss eine sizilianische Süßspeise? Ja. Ich wähle die "Zitronen-Granita", nicht zuletzt, weil die Autoren viel historisch Wissenswertes zum Rezept beigefügt haben. Solche Informationen inspirieren und regen beim Genießen die Phantasie an.
Gefallen auch haben mir die Weinempfehlungen von Luca Caruso zu den Gerichten Die vorgestellten Weine im 1. Teil des Buches stammen nahezu alle aus Sizilien.
Im 2. Teil dann geht es um Tunis. Hier liest man u.a., dass Buchhandlungen keine normalen Geschäfte seien, sondern Reisebüros für Zeitreisende. Eine tolle Definition, die mir sofort gefallen hat. In einer Buchhandlung in Tunis bekam Daniel Speck den Tipp Jacob Lellouche aufzusuchen, der mehr erzählen könne als in Büchern stehe. Er und seine Mutter betreiben das letzte jüdische Restaurant in Tunis und zwar im Hafenviertel La Goulette.
Und dann dessen Rezepte.. Wunderbar! Der "Zitronensalat" eingangs ist auf einem blauen Fischerboot angerichtet, das am Strand von Karthago von den Protagonisten gefunden wurde. Das macht neugierig. Dann erhält man u.a. ein Rezept für "Harissa" nach Art des Hauses. Hier spielen Chilischoten die maßgebliche Rolle. Kreuzkümmel ist in zahlreichen Rezepten angesagt, auch in dem Rezept "Fisch in Araimi-Sauce" spielt Kreuzkümmel eine Rolle. Dazu gibt es Couscous, dessen Rezept ebenfalls neugierig macht. Es handelt sich um einen Gemüsecouscous.
Spannend auch ist das Rezept für "Zitronenhühnchen", das man an Couscous oder weißem Reis anrichten kann. Ein wunderbares "Lammragout mit Aprikosen" erweist sich als das tunesische Lieblingsleibgericht des Autors, das Jacob mit Rosinen und Mandeln anreichert, aber auf Zimt verzichtet, obschon dieses Gewürz traditionell verwendet wird. Bemerkenswerte Desserts runden die Küche von Jacob Lellouche ab. Dazu gehört das Rezept für einen "Dattel-Griess-Kuchen". Über das "Brot der Wüste" (Datteln), erfährt man vorab Näheres und ist erstaunt, wie viele gesunde Stoffe es enthält.
Im 3. Teil dann geht es um Betlehem und den Koch Fadi Katthan. Auch hier wieder erfährt man Wissenswertes über den Ort und den Koch, dessen ausgesuchte Rezepte eine Liebeserklärung an seine palästinensische Familie sind. Spannend an der palästinensischen Küche ist die Tatsache, dass die Einflüsse aller Völker, die in diesem Land lebten und durch das Land zogen, integriert sind. Genannt werden die Kanaaniter, Philister, Phönizier, Ägypter, Israeliten, Samariter, Römer, Perser, Griechen, Araber, Afrikaner, Türken und Armenier. Diese Küche ist übrigens nicht nur eine Reflektion der Menschen und der Geschichte, sondern auch der Handelsgeschichte am Kreuzpunkt zwischen Europa, Asien und Afrika.
Beeindruckende Bilder von Jerusalem und spannend zu lesende Texte führen schließlich zum 3. Rezeptteil mit Rezepten, die ebenfalls von inhaltsreichen Texten begleitet werden, so etwa beim "Orangensalat mit Granatapfel", wo man mehr über den Granatapfel erfährt, der ein universelles Symbol des Mittelmeers ist. Rezepte für "Rote Linsensuppe mit geröstetem Brot" oder auch "Gefüllte Zucchini" machen der Gewürze wegen neugierig. Das gilt auch für die Fleischgerichte, bei denen großzügig mit Gewürzen umgegangen wird. Selbst der "Frittierte Wolfsbarsch" kommt ohne Gewürzvielfalt nicht aus, die man übrigens "Baharat" nennt. Wer es süß liebt, kann den "Engelshaarkuchen" nachbacken und sich anschließend wünschen, dass ihm Flügel wachsen, weil die opulenten Speisen, die Beine etwas ermattet haben.
Wer gerne mit exotischen Gewürzen hantiert, süße Desserts mag und Zitronen schätzt, wird das Werk nicht nur als Reisebuch zu schätzen wissen, sondern auch in der Küche nutzen und über die Ergebnisse der Kochkunst der drei Köche staunen. Das aber setzt genaues Lesen voraus.
Maximal empfehlenswert.
Helga König
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