Der französische Koch Stéphane Reynauds hat in diesem Buch 229 Kochrezepte aus den Provinzen Frankreichs zusammengetragen. Es handelt sich hierbei um Rezepte französischer Metzger, Bäcker, Bauern, Hausfrauen und Köche, deren Lebensgefühl durch diese ausgewählten Gerichte auf subtile Weise lukullisch auf den Weg gebracht wird. Eingeteilt sind die Rezepte in die Kapitel mit den Überschriften: "Charcuterie- Fleisch satt", "Von Kutteln und anderen Innereien", "Eier in allen Größen", "Welch gutes Gemüse", "Geflügel", "Jede Menge Wildes", "Fisch und Meeresfrüchte", "Ein bisschen Käse für das restliche Brot" und "Darf es noch etwas Süßes sein?"
Das Buch ist reich bebildert und wartet neben den leckeren Rezepten mit erfreulich kreativ gestalteten Zusatzinformationen auf, zudem werden Personen vorgestellt, die sich beruflich im kulinarischen Bereich bewegen. Die Rezepte sind alle sehr gut erklärt und in die gutbürgerliche französische Küche zu verorten. Jedem Gericht ist eine Weinempfehlung beigefügt. Obschon ich viele Kochbücher besitze, die sich mit der französischen Küche auseinandersetzen, hat mich "Vive la France" mit so manchem mir bislang unbekannten Rezepten vertraut gemacht.
Besonders gefallen mir die Rezepte für Terrinen und Pasteten, die "Kalbsleber mit Kräuterkruste und Zitrone" und ein sehr gelungenes Rezept für "Königinpasteten". Bei den Eiergerichten überzeugen mich die "Eier im Näpfchen mit Roquefort" am meisten. Dazu trinkt man übrigens Sauterne. "Pochierte Eier in Rotweinsauce" ist eine kulinarische Spezialität aus dem Burgund und ebenfalls lohnenswert nachzukochen. Typische französische Suppen, darunter auch die Zwiebelsuppe "Tourin", der wohlschmeckende Nizza -Salat, hier ohne gekochte Bohnen, aber erfreulicher Weise mit Fleur de Sel zubereitet, ein atemberaubendes Rezept für "Ratatouille mit Zitrone" und zwei typisch elsässische Speisen: "Zwiebelkuchen" und "Lauchkuchen" warten darauf zubereitet zu werden. Dabei verleihen die Pinienkerne dem Zwiebelkuchen den letzten Kick.
Die Fleischgerichte suchen ihresgleichen. Das "Entrecote auf Bordelaiser Art" konkurriert mit "Rinderbacken in Rotwein", das "Kalbkarree mit Kartoffeln in Senfsauce" mit "Kalbsrouladen in Estragon". Alle Gerichte überzeugen durch wohlausgesuchte Ingredienzien. Die Auswahl der Rezepte mit Kalbfleisch ist beachtlich, der "Sieben-Stunden-Kalbsbraten" ist ein ideales Ostergericht. Auch die Lammspeisen lassen geschmacklich nichts zu wünschen übrig, wobei mir hier am besten die "Gefüllte Lammschulter" gefällt, die sich ebenfalls als Festtagsbraten eignet.
Immer wieder gibt Reynaud im Buch umfangreiche Weininfos und bekundet damit, dass französische Gerichte nur in Begleitung von guten Weinen denkbar sind. Ich stimme dem Autor diesbezüglich hundertprozentig zu.
Die Geflügel- und Wildrezepte sind für mich die eigentlichen Highlights im Buch. Hervorheben möchte ich hier "Hähnchen mit Flusskrebsen", "Hahn in Chambertin", das Lieblingsgericht Napoleons, "Gebratene Wachteln, gefüllt mit Stopfleber", "Rehkeule Grand Veneur" und "Wildschweinpfeffer", der übliche Becher mit frischem Blut wird hier durch Edelbitterschokolade ersetzt und "Creme de Mures" sorgt für ein edles Saucenaroma.
Die Gerichte für Fisch und Meeresfrüchte bieten auch allerei Besonderes. "Miesmuscheln in Safaransahne" habe ich in Frankreich schon häufiger gegessen und ziehe sie den Miesmuscheln in Weißwein vor. Beide Rezepte sind aber sehr schmackhaft. Überzeugt hat mich der "Wolfsbarsch im Blätterteig" und vor allem die "Bouillabaisse mit Rouille". Ein superleckeres Rezept. Bei den Käserezepten lohnt es sich die "Roquefortterrine" zuzubereiten und in ein Menü zu integrieren, wenn Gäste kommen. Diese werden garantiert entzückt sein. Süßmäulchen kommen auch auf ihre Kosten. Hier gefallen mir der Windbeutelkranz "Paris- Brest", das "Millefeuille", und die "Erdbeer-Charlotte" am besten, obschon eine selbstgemachte "Creme Caramel" auch eine große Gaumenfreude sein kann.
In diesem Buch finden sich übrigens auch sehr delikate Gerichte für Vegetarier. So etwa "Steinpilztarte", "Blätterteigpastenten mit Morchelrahm" und "Pilzragout mit Pfifferlingen und Totentrompeten", die die Ideologen unter ihnen hoffentlich über die Froschenkel- und Gänsestopfleberrezepte großzügig hinwegsehen lassen werden und als das begreifen was sie sind: Französische, kulinarische Tradition. Keiner zwingt den Leser diese Gerichte nachzukochen. Dass sie superb sind steht außer Frage.