Madhur Jaffrey stellt in diesem Standardwerk der vegetarischen Küche 600 Rezepte aus 45 Ländern vor und porträtiert die Produkte, die in den Rezepten jeweils die Hauptrolle spielen, umfassend. In diesem Kochbuch wird auf Bilder völlig verzichtet. Die Fantasie des Lesers ist also gefragt. Von meiner Seite wird diese Vorgehensweise sehr begrüßt.
Die Rezepte hat die Autorin den Oberbegriffen Gemüse; Getrocknete Hülsenfrüchte und Nüsse; Getreide; Eier und Milchprodukte; Würzige Beigaben; Suppen; Salate; salatartige Gerichte und Getränke untergeordnet.
Nimmt man sich das Kapitel über Gemüse vor, wird man feststellen, dass man über unterschiedliche Gemüsesorten viele hilfreiche Produktinformationen erhält und in diesem Zusammenhang auch erfährt, wie man sie fachgerecht zubereitet. Bei den Rezepten steht immer dabei, aus welchem Land das einzelne Gericht kommt. Zudem liest man stets etwas Wissenswertes, zu den Gerichten oberhalb jedes Rezeptes.
Die Rezepte sind gut strukturiert und bestens erklärt. Wenn man Schritt für Schritt der Autorin folgt, dürften die Kochergebnisse nichts zu wünschen übrig lassen.
Da ich mich Anfang des Jahres von Fleischgerichten verabschiedet habe, kommt mir dieses Kochbuch natürlich sehr entgegen. Allein mit 16 Auberginenrezepten wird aufgewartet. Die Herkunftsländer dieser Rezepte sind Hongkong, Korea, Türkei, Indien, Trinidad, Japan, China, Sri Lanka, Indonesien, Afghanistan. Um alle Gemüsegerichte im Buch nachzukochen, benötigt man Monate.
Natürlich wird den ein oder anderen Leser geben, der bezweifelt, ob man das Kochbuch auch beurteilen kann, wenn man nicht alle 600 Rezepte zubereitet hat. Wer nicht erst seit gestern täglich am Herd steht, kann das natürlich, weil er eine Vorstellung von dem hat, was er da liest und genau weiß wie sich das Kochergebnis geschmacklich aufgrund bestimmter Zutaten entwickeln wird. Ein Musiker liest Noten und hört die Musik im Geiste, er muss dafür kein Instrument betätigen, ein Koch, auch ein Hobbykoch wiederum liest ein Rezept und hat im Geiste bereits das Kochergebnis auf der Zunge. Insidern ist das natürlich klar.
Interessant finde ich die asiatischen Rezepte für Blumenkohl und hier speziell ein indisches Gericht "Blumenkohl mit Ingwer und Koriander"( S.53), das durch den frisch gehackten Koriander eine raffinierte Geschmacksnote erhält. Zitronensaft sollte man übrigens während des Kochvorgangs von Blumenkohl immer ins Kochwasser beigeben (das steht nicht im Buch, der Tipp ist von mir), dann nämlich bleibt er schön weiß.
Da ich Erbsen sehr schätze, habe ich das ein oder andere Gericht mir Erbsen aus diesem Buch bereits zubereitet. Besonders gut gefällt mir das aus China kommende Rezept "Zuckerschoten mit Frühlingszwiebeln", bei dem gerösteter Sesamsamen dem Ganzen eine nussige Note verleiht.
Im Moment ist Bohnenzeit. Gerade gestern habe ich Bohnen nach einem Rezept aus China zubereitet, das ich gerne weiterempfehle. Der Kick sind wohl die angebratenen Schalotten.
Neugierig machen auch die Okragerichte, eine Gemüseart, die ich bei einem türkischen Gemüsehändler vor einigen Jahren erst kennengelernt habe. Hier bin ich besonders dankbar für die Rezepte, weil ich bislang noch keinen wirklichen Plan hatte, mit Okras fachgerecht zu hantieren. Sehr delikat ist ein aus Australien stammendes Gericht, das aufzeigt, wie man dieses Gemüse würzig (mit Chilischoten) brät.
Neben sehr leckeren Pilzgerichten aus Zypern, Spanien, Indien etc. und delikaten Möhrenrezepten, beispielsweise "Möhren mit getrockneten Aprikosen nach persischer Art" kommen noch viele andere Gemüsesorten zur Sprache, nicht zuletzt auch die Tomaten. Ein Rezept aus Trinidad ist sehr empfehlenswert und schmeckt lecker in Verbindung mit geröstetem Brot.
Wer gerne Hülsenfrüchte und Speisen mit Nüssen mag, findet im Buch viele Rezepte dieser Art. Da ich weder Kichererbsen noch Bohnenkerne esse, kommen für mich Gerichte, in denen diese Produkte eine Rolle spielen, nicht in Frage. Hingegen liebe ich Linsen und kann allen, die diese Hülsenfrucht auch zu schätzen wissen, mitteilen, dass es eine Fülle sehr guter Rezepte diesbezüglich gibt, wobei mir die Gerichte aus dem Nahen Osten von den Zutaten her am meisten entgegen kommen.
Neulich las ich in einer Rezension eine Wortschöpfung in punkto Tofu, die mich überaus amüsiert hat und ich dachte spontan, mir ein Grinsen nicht verkneifen könnend, das dies vermutlich der tiefer liegende Grund ist, weshalb ich Tofu nicht mag. Wie auch immer, das Buch enthält auch Tofu-Gerichte, die Tofu-Begeisterten gewiss das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.
Loben möchte ich ganz besonders die Speisen mit Cashewnüssen, wie etwa das aus Sri Lanka stammende "Cashewcurry", in dem Zimt das Tüpfelchen auf dem I ist.
Bei den Getreiderezepten haben mein besonderes Augenmerk die Speisen mit Quinoa (Reismelde). Das ist eine Kulturpflanze, die aus den Hochländern (bis 3000m Höhe) Perus stammt. Ausprobiert habe ich "Quinoa mit Tomaten und Thymian", ein delikates vegetarisches Sommergericht, zu dem man ein Glas Gewürztraminer reichen kann.
Die Reisgerichte im Buch bestechen durch ihre unterschiedlichen Geschmacksnoten. Hier gefallen mir die aus dem Iran kommenden Rezepte am besten, allerdings begeistert mich auch die Kreation aus Mexiko "Grüner Reis mit gefüllten Poblano-Chilis", die mit Käse gefüllt werden. Optisch ein wirklicher Augenschmaus.
Erfreulicherweise wird Bulgur nicht vergessen. Bulgursalate sind geradezu ideale Sommergerichte. Am besten gefällt mir das Rezept aus dem Libanon, das neben der üblichen Petersilie auch noch Rucola enthält.
Im Rahmen der Getreiderezepte wartet die Autorin auch mit Nudelspeisen auf und zwar nicht nur solchen aus Italien, sondern auch aus Japan, Indonesien, China etc.
Neben Bulgur-Rezepten lernt man ferner viele Couscous-Speisen kennen. Hier finde ich ein Rezept aus Israel besonders bemerkenswert, in dem Spargel und frische Pilze eine Rolle spielen.
Wer Speisen mit Eiern und Milchprodukten schätzt, wird hier im Buch Speisen finden, die für uns nicht alltäglich sind. Einfache Eierspeisen wie etwa "Mexikanische Spiegeleier" sind dabei, auch ein "Gefülltes französisches Omelett" und "Spanische Tortilla" aber auch ein delikater "Eierkuchen mit Kräutern" aus dem Iran. Joghurtspeisen und solche mit Feta warten darauf nachgekocht zu werden, bevor man sich kundig machen kann, wie man würzige Beigaben zubereitet. Hier gefallen mir die Rezepte für "Scharfe Chilisauce" aus Trinidad, für die "Karibische Würzsauce", für das "Grüne Tomatillo-Salsa" aus Mexiko aber auch für diverse Chutneys mit am besten.
Wer gerne Suppen ist, wird staunen welch interessante Kompositionen hier auf Hobbyköche warten. Viele Rezepte stammen aus Japan und beeindrucken durch ihre Schwerelosigkeit.
An heißen Sommertagen dürften der Salatrezepte vorrangig für Anregung sorgen, beispielweise der "Paprika-Gurken-Salat" aus Tunesien. Hocherfreut habe ich der Rezeptbeschreibung entnommen, dass man hier Einlegegurken für den Salat verwendet. Das mache ich im Sommer seit Jahren bei allen Gurkensalaten so, seit mich eine Marktfrau darauf hingewiesen hat. Die kleinsten Gurken sind übrigens die delikatesten. Sehr fein im Geschmack, ganz ohne Kerne.
Fast am Ende des Buches lernt man einige Getränkerezepte kennen, so etwa einen "Gurken-Minze-Drink", mit dem man jetzt im Sommer ein mehrgängiges Menü beginnen kann.
Das umfangreiche Glossar zum Schluss sollte man mit Bedacht lesen, denn hier erfährt man viel warenkundlich Wissenswertes, was zur Erweiterung des kulinarischen Horizontes beiträgt, natürlich nur dann wenn man theoretisches Wissen in die Praxis umsetzt.
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