Kit Schulte, die Autorin dieses Buches, lebte jahrelang in den USA und hat nach ihrer Rückkehr die deutsche Küche wiederentdeckt, konkret ihre Traditionen, Zutaten und handwerklichen Methoden. Mit ihrem Werk möchte Kit Schulte deutsche Klassiker und teilweise vergessene Köstlichkeiten mit den Trends der Gegenwart verbinden.
Die Fotos von Nora Novak machen deutlich dass der Begriff "Heimat" alles andere als abschreckend sein muss.
Die Autorin hinterfragt, was man überhaupt unter deutschem Essen zu verstehen hat und wie es mit Einflüssen aus Nachbarländern und Regionen im kulinarischen Deutschland ausschaut.
Sie thematisiert, den Süden, den Norden, den Mittleren Westen, den Osten und die Berliner Küche und nennt spezifische Spezialiäten wie etwa "Pillekauken", "Schinkenbegräbnis" oder "Pälzer Grumbeerwaffeln", befasst sich mit Wildpflanzen und erklärt wie man diese am besten sammelt.
Hier beginnen dann auch die ersten Rezepte, so etwa für "Holunderblütensirup oder –gelee". Neugierig hat mich das Rezept mit "Mahoniebeeren" gemacht, von denen ich bislang glaubte, sie seien nicht essbar, weil giftig. Sehr gut erläutert wird wie man "Hagebutten- oder auch Schlehengelee" zubereitet.
Das "Wildkräuterpesto" zeigt, dass regionale Küche sehr innovativ sein kann, wenn man sich Rezepten aus anderen Ländern nicht verschließt. Alles andere als spießig geht es weiter mit einem Rezept für "Gefrorenes Quarkparfait mit Löwenzahnblütensirup". Wer einen Naturgarten hat, kann den Löwenzahn dort im Frühling ernten. Leute mit englischem Rasen werden lange vergeblich suchen müssen. Rezepte für "Brennnessel" (die findet man auch im Naturgarten) und ein tolles Rezept für "Waldmeisterbowle" verbinden Althergebrachtes mit neuen Geschmacknoten auf bemerkenswerte Weise.
Des Weiteren thematisiert die Autorin die Kräuter und Gewürze in der deutschen Küche, beginnt mit einem knappen historischen Rückblick und wartet mit einem Senfrezept auf, das durch den beigefügten Honig auch zu Weißwurst schmeckt. Lobenswert auch sind die Infos zum vergessenen Geschmack und hausgemachten Delikatessen. So waren einst bittere Wildkräuter- pflanzen und- gemüse gängige Kochzutaten, wurden dann jedoch vergessen und erleben jetzt erst wieder eine Renaissance.
Ein tolles Rezept für "Schwarze Walnüsse" macht ebenso neugierig wie das Rezept für "Frankfurter Grüne Soße", das durch den Joghurt leichter daherkommt als vormalige Mayonnaisen-Mischungen.
Der gute alte "Rumtopf" wird thematisiert und ein Rezept wird mitgeliefert. Schade, dass ich den Steintopf meiner Mutter verschenkt habe…
Die Rezepte für "Kräuterbutter" und "Kräuterquark", auch der "Krabbensalat" sind typisch für die deutsche Küche und bei den Suppen und Eintöpfen nickt man wissend, wenn man hierzulande seine Kindheit verbracht hat. Doch dann entdeckt am das Rezept mit dem Namen "Spanisch Frikko" und denkt "Nanu?" Es handelt sich, so wird bei der Lektüre klar, um einen "Westfälischen Eintopf", dessen Ursprünge nicht ganz geklärt sind.
Typisch auch Salate. Sehr gut zubereitet sind der "Krautsalat", auch die "Variationen des Kartoffelsalats" und natürlich der "Gurkensalat mit Dill und Schnittlauch". Es folgen vegetarische Gerichte, so etwa "Buchweizenrisotto mit Ofenfenchel, jungen Erbsen und Pesto", der unverkennbar mediterrane Anklänge hat. Typisch für Deutschland sind eher die "Schmorgurken mit Bratkartoffeln" und auch die "Pilzpfanne", zwei sehr delikate Rezepte bei denen man Fleisch nicht vermisst.
Sehr gut ist die kleine Auswahl von "Fleisch- und Fischgerichten". Hervorheben möchte ich hier die "Kohlrouladen mit geschwenkten Kräuterkartoffeln", die "Königsberger Klopse mit Kartoffeln" und die "Forelle Müllerinnenart mit Kartoffeln und Gurkensalat". Es handelt sich um gut bürgerliche Rezepte, die vom Geschmack her überzeugen.
Was noch? Nachtische…! Den Apfelstrudel muss man ausprobieren. Ein tolles Rezept! Und die Kuchenrezepte erinnern an den Geschmack der Kindheit, so der "Pflaumenkuchen" oder aber der "Kalte Hund", der heute bei mir tabu ist wegen des Kokosfetts.
Zum Schluss dann werden über viele Seiten landestypische Gemüsesorten und Früchte wie auch Wildkräuter thematisiert. Infos dieser Art sind stets wichtig, denn: Ohne Warenkunde, keine klugen Mahlzeiten.
Ein gelungenes Buch, das den Begriff "Heimat" im Zusammenhang mit Kochen ein wenig entstaubt und mit Klischees aufräumt. Prima!
Empfehlenswert.
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