Dieser in lila Samt präsentierte, reich bebilderte Prachtband über die Kochkunst an Indiens Fürstenhöfen beginnt mit einer mehrseitigen Einleitung, wo man zunächst etwas über das Leben an den Höfen indischer Fürsten erfährt. Dort dienten die Speisen seit Jahrhunderten nicht nur dem Zweck der Ernährung oder des Genusses, sondern auch der Politik und der Diplomatie.
Den Palastküchen stand ein beachtliches Budjet zur Verfügung, um kulinarische Spitzenleistungen hervorzubringen. Nicht nur in der Zubereitung ging es bei Hofe um Perfektion, dies galt auch für die Präsentation der Gerichte. So durften bei einem Staatsbankett die Gäste des Maharadschas Bhupinder Singh 51 Gerichte erwarten. Bei einem Bankett eines anderen Fürsten standen 200 verschiedene Gänge zur Verfügung. Fülle zieht Fülle an. Das ist das Gesetz der Anziehung. Die damaligen Herrscher wussten das nur zu gut und handelten danach.
Man erfährt, mit welchem Tafelgeschirr gespeist wurde, erhält einen Eindruck von der Prachtentfaltung der königlichen Paläste Indiens und liest über die Nahrungsphilosophie der alten Upashinaden sowie in der Folge über die Grundlagen von Ayurveda, auch über die Rolle der Kräuter und Gewürze bei indischen Gerichten und kann sich dann in nachstehende Kapitel vertiefen:
Die große Tafel: Hyderabad
Im Tal der Düfte: Jammu und Kashmir
Feste in der Wüste: Jodhpur
Nawabs mit Geschmack: Mamudabad
Straße der Gewürze: Mysore
Reiches
Mahl: Patiala
Haute Cuisine: Rampur
Chronisten der Küchentraditionen: Sailana
Verborgene Schätze: Tripura
Königliche Rezepte: Udaipur
Es werden in allen hier angeführten Kapiteln die Paläste von außen und innen gezeigt, dabei erfährt man im Rahmen von eloquenten Texten viel über die kulturellen und kulinarischen Gepflogenheiten an den einzelnen Höfen und liest interessante Anekdoten aus vergangenen Zeiten. Zehn indische Fürstenfamilien werden vorgestellt und in diesem Zusammenhang deren Geschichte sowie Familienrezepte dem Leser nahegebracht.
Die Bilder führen in eine Welt, die an Impressionen von "Tausendundeine Nacht" erinnern. Es empfiehlt sich, für Momente nicht an die unsägliche Armut Indiens zu denken, die das Gegenbild zu diesem Reichtum verkörpert, denn ansonsten verliert man den Genuss am Buch.
Rezepte für delikate Speisen machen neugierig und lassen sich problemlos zubereiten. Das gilt beispielsweise für "Laal Maas" (Lammragout mit Tomaten und rotem Chili) ebenso wie für "Aakharam Rann" (Langsam gegarte Lammkeule) oder "Murgh Kebab Musallam" (Würziges Brathähnchen).
Wirklich spannend sind die Würzungen aller Speisen, das gilt auch für "Eier im Hackfleischmantel", an denen "Garam Marsala" nicht fehlen darf.
Immer wieder gibt es Einblicke hinter die Kulissen und man erfährt auf diese Weise, was sich in den Palastküchen ereignet.
Die Gerichte, deren Rezepte im Buch aufgeführt sind, zeigen bei aller Prachtentfaltung Bodenhaftung. Das muss man auch betonen. Viel Huhn und Lamm und wunderbare Würzungen machen deutlich, was diese Küche auszeichnet: Geschmacksvielfalt und Liebe zum Detail, jedoch verhaltenen Luxus. Kein Hummer, kein Kaviar, kein Wild, keine Austern....Regionale Küche, wenn man so will.
Wer das Werk in allen Facetten genießen möchte, muss für diese Zeit - ich betone es nochmals- gesellschaftskritische Erwägungen außen vor lassen, weil man ansonsten der Schönheit all der gezeigten, kostbaren Dinge in diesem großartigen Werk keine Freude abgewinnen kann.
Sehr lobenswert finde ich, dass die Rezepte zusätzlich in einem beigefügten Rezeptheft abermals zu finden sind. Das ist eine gute Lösung, um den Prachtband zu schonen, wenn man zur Praxis schreitet und die Rezepte am Herd - ganz bürgerlich- ausprobiert
Sehr empfehlenswert.
Helga König
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